Der Kinderschutzbund in Sachsen-Anhalt hat das Fünf-Punkte-Programm, also den Corona-Stufenplan, auf den sich Bund und Länder am Mittwoch dieser Woche geeinigt haben, sehr intensiv gelesen und studiert. Wir begrüßen grundsätzlich die Lockerungen mit Auflagen und Augenmaß. Allerdings mischt sich eine gewisse Enttäuschung darunter: Familienbildungsstätten, Treffs, wie Elterncafés oder Krabbelgruppen finden sich mit keinem einzigen Wort wieder. Auch für Kinder und Jugendliche sind Treffen in der Freizeit scheinbar nur im Freien erlaubt. Während die meisten Kinder und Jugendlichen zunächst einmal Kita und Schule „wieder haben“, warten Eltern weiterhin vergeblich auf solche für sie wichtigen Angebote, wie Erzählcafés (zur Verbesserung der Deutschkenntnisse für viele Familien nach der Flucht aber auch für die Kontaktpflege zu deutschen Familien), Elterntreffs oder Elternkurse, wo zwanglos und im geschützten Raum über Erziehungsfragen diskutiert werden oder ein genereller Austausch stattfinden kann, welcher zur Entlastung der Erziehenden beiträgt.
Familienbildung ist eine Unterstützungsstruktur
Familienbildungseinrichtungen, zu denen auch die Kinderhäuser und Begegnungsstätten der Kreis- und Ortsverbände des Kinderschutzbundes in Sachsen-Anhalt gehören, scheinen komplett aus dem Blickfeld der politischen Entscheidungsträger geraten zu sein. Dabei bieten sie gerade jetzt in der Krisensituation für stark belastete Familien bedarfsgerechte und gute Angebote, begegnen Ängsten und Nöten mit dem gebotenen Respekt und sind gleichermaßen Mutmacher. Allerdings sind diese Angebote in der Regel nicht vollständig refinanziert. Durch das Wegbrechen von Teilnahmebeiträgen und weiteren Finanzierungsquellen ist eine Vielzahl der Einrichtungen in ihrer Existenz akut gefährdet.
Familienbildungseinrichtungen gehören unbedingt unter den Corona-Schutzschirm
Zurzeit scheint es, als würden Familienbildungseinrichtungen auch aus der zweiten Runde des Sonderprogramms des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) keine finanziellen Hilfen erhalten. Viele Verbände haben im vergangenen Jahr bereits darauf hingewiesen, dass keine der avisierten Corona-Hilfen für die Familienbildung passt. „Noch ein Jahr ohne zusätzliche Unterstützung durch die öffentliche Hand halten auch unsere Mitgliedsverbände nicht ohne Folgen durch“, befürchtet Landesvorsitzender Wolfgang Berzau.
„Wir bekräftigen deshalb die Forderung nach einer Erweiterung des Sofortprogramms für Familienbildungseinrichtungen. Kommt diese wieder nicht, wird es noch schwieriger, zu ‚beginnen, bevor es beginnt‘, also bedarfsgerecht vorbeugende familienentlastende und unterstützende Angebote zu entwickeln. Und dann wird es ein Vielfaches an Geldern schlucken, den sozialen Frieden zu erhalten“, meint Berzau weiter. Für die Zukunft seien Angebote der Familienbildung nachhaltig zu fördern und wie bereits vorgeschlagen im Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) zu verankern.